vor ca. 34 Jahren

Milchkännchen - 30 Jahre Spassjazz

 

Am 2. Mai 1976 traten Klaus Wieck und Karl Ortmanns eine Arbeitsstelle in Düsseldorf an. Damit war im Prinzip der Grundstein für Milchkännchen gelegt.

 

Die beiden verbrachten viele gemeinsame Abende an der längsten Theke der Welt und zwar fast ausschließlich in dem traditionsreichen Jazzlokal in der Düsseldorfer Mertensgasse "Pöötzke". Dort lauschten die beiden am Monatsanfang, wenn der Geldbeutel noch voll war, fast jeden Abend den Lokalmatadoren: "John Dabeljuh Rindfleich Orchstra" mit den Musiker Jochen Vossloh tp, Dieter Grosche tb, Macke Schneider sous und Sweden Schmitz am Banjo. Oder "Jazz mit Schmackes" mit Fred Korte, Zotto Spindler, Jürgen Königs und Stephan Herren. Man lernte dort die Gepflogenheiten wie "Heiermann" oder die oft wiederkehrenden Sprüche, die uns später noch viele Jahre begleiten sollten.

 

Man freundete sich mit den Musikern an und es dauerte nicht lange, da zog Karl Ortmanns als Untermieter von Fred Korte in das Vorderhaus der Kaiserswertherstraße 404 ein. Es war eine Zweizimmerwohnung mit Etagentoilette und zwei alten zerstrittenen Damen. Im Hinterhaus bewohnte Fred mit seiner späteren Frau und Cousine ein alte Drahtzieherei, die zu einem gewaltigen Wohnzimmer mit Riesenbühne umgebaut war. Dort bekam Karl nach einiger Zeit Banjounterricht von Stephan Herren.

 

Klaus Wieck hatte eine klassische Klavierausbildung genossen, spielte aber, was seinem Vater allerdings nicht gefiel, auch mal was Flottes. Favorit war Lady Madonna von den Beatles.

 

Jetzt beschlossen Karl und Klaus selbst auch aktiv zu werden. Ein Klavier musste her. In Aachen-Verlautenheide hatte Familie Jünger eines abzugeben. Kostenlos!!! Das Ganze hatte allerdings einen Haken. Das Klavier stand im Keller und mußte irgendwie über eine schmale Treppe nach oben buchsiert werden, ohne etwas in dem neuen Haus der Jüngers zu beschädigen. Also wurde ein professionelles Klaviertransportunternehmen beauftragt, das Piano drei Häuser weiter in die Garage von Karls Eltern zu schaffen. 110 DM. Das war für die Jungs viel Geld.

 

Doch nun hatte man einen Proberaum mit Klavier. Das Klavier war natürlich fürchterlich verstimmt. Mit einem selbst geschmiedeten Stimmschlüssel von Onkel Franz gingen Klaus und Karl jetzt selbst ans Werk. Das Klavier wurde kurzerhand einen Ton tiefer gestimmt, sodass der Pianist jetzt die B-Dur Tonleiter auf den weißen Tasten klimpern konnte. Das sollte ein großer Vorteil werden, wenn einmal ein Bläser dazustoßen sollte. Die beiden studierten jetzt fleißig die gängisten Jazzstandards ein und fuhren in aller Regel zweimal die Woche nach Aachen in die kalte Garage. Manchmal endeten solche Probeabende allerdings auch in dem Landgasthof "Ruland", wo mit dem alten wirt Josef Ruland und seinem Neffen Hans-Ludwig bis in den frühen Morgen gezecht wurde.

 

Sie hatten jetzt ein kleines Repertoire, als der gemischte Kegelclub "lustige Neune" uns zu ihrem 25 jährigen Jubiläum engagierte. Das Klavier wurde von einem Kleintransporter abgeholt und auf die nahe gelegene Kegelbahn der Gaststätte Paland gebracht. Damaliger Pächter war die Familie Moonen (Muenens Jupp). Mit einem alten Röhrenradio als Verstärker, Banjo, Klavier und Kazzoo machten sie sich ans Werk. Nach knapp 2 Stunden war das Repertoire so gut wie erschöpft, wäre da nicht Kogels Käthche gewesen, die immer wieder den gleichen Song wünschte und ihnen so über den ganzen Abend half. Die Kegelbrüder und -schwestern tanzten hinterher auf den Tischen und die Jungs hatten damit die erste Feuerprobe bestanden. Die ersten 100 DM und frei trinken waren eingespielt.

 

Jetzt suchten die beiden nach weiteren Auftrittsorten. Interessant waren Kneipen mit funktionstüchtigem Klavier. Die waren auch Mitte der siebziger Jahre schon sehr rar. Doch einige gab es noch. So führte sie manchmal der Weg ins Künstlertreff, einer kleinen Bar, die der Düsseldorfer Anmachkneipe "Kulisse" angegliedert war. Hier gab es ein komplettes Bandequipmet mit Kontrabass Schlagzeug und Klavier. Vorsicht wagten sie sich in die Kuenstlerecke und gaben ihr Können zum Besten bis der Hausherr kam.

 

Erwin Bornscheuer, ein alter Hase der Düsseldorfer Kneipenszene. Er kam zu ihnen und zeigte ihnen am Piano wie man richtig Musik macht. Er spielte locker schmutzige Lieder aus eigener Feder und sie staunten nicht schlecht. Eines seiner Werke sollten sie später auf Platte nehmen. Wie sie später erfuhren, hatte Erwin eine große Disco auf Mallorca "das Karusell" aber auch in der Düsseldorfer Altstadt einschlägige Läden wie die Klamotte oder die Kulisse. In den fünfziger Jahren spielten dort absolute Profikapellen mit Monatsengagement in der Klamotte. So zum Beispiel die Georg Maycock Band.

 

Ein weiteres Klavier quälten sie in Stolberg. Es war die Stolberger Stadtwache in Stolberg-Mühle. Damit waren ihre Auftrittsmmöglichkeiten erschöpft. Bald stieß Karin zu den beiden und erbarmte sich, ein E-Piano zu kaufen. Auf diesem konnte man einen eigenen Bassteil einstellen. Damit klang ihre Musik schon ein wenig voller. In dieser fruühen Dreier Besetzung mit Waschbrett gab es einen einzigen öffentlichen gelungenen und einen eher peinlichen Auftritt.

 

Das E-Piano war noch weitgehend unerforscht, als sie doch am Rosenmontag in der Karnevalshochburg Herne in einer Kneipe Musik machten. Das Repertoire entsprach nicht so recht dem Geschmack des Publikums und sie mußten sich durch den Hintereingang verdrücken.

 

Der zweite Versuch war in ihrer damaligen gemeinsamen Kegelkneipe in Düsseldorf, "Aust Horres". Nachdem sie dort das ein oder andere mal nach ihrer Kegelsession gesungen und musiziert hatten, engagierte sie dort der Wirt für einen Frühschoppen im Sälchen. Dort wo sonst der Billardtisch stand, war jetzt ihre Bühne aufgebaut und zwar auf dem Billardtisch. In dem Sälchen war gähnende Leere, doch die Stammgäste an der Theke animierten sie an den Tresen zu kommen und dort ihre Musik darzubringen. Doch meiste Freude bereitete es, die Drei poeapoe mit Cognac zuzuschuetten, was ihnen auch gelang. Doch auch an den Thekenzechern blieb der Alkohol nicht ganz spurlos hängen und alle genossen die Musik und waren zufrieden.